Die Ernährungstherapie (auch Diättherapie genannt) umfasst alle ernährungsbezogenen Maßnahmen zur Wiederherstellung von Gesundheit und Wiedererlangung des Handlungsvermögens von Patientinnen und Patienten. Der Ernährungstherapie werden unterschiedliche Interventionsformen zur Sicherstellung des individuellen Energie- und Nährstoffbedarfs von Patientinnen und Patienten zugeordnet. Ernährungstherapie verfolgt zusätzlich das Ziel, die individuellen und sozialen Ressourcen der Betroffenen sowie ihrer Angehörigen zu aktivieren, um diese zu einem situationsangepassten und selbstständigen Ernährungshandeln zu befähigen.
Ernährung ist die Grundlage des Lebens - sowohl in der Prävention als auch in der medizinischen Therapie der jeweiligen Erkrankung.
Ein Gewichtsverlust ist oftmals das erste Zeichen einer bösartigen Erkrankung. Der Ernährungszustand selbst hat im weiteren Verlauf einer medizinischen Behandlung einen bedeutenden Einfluss auf die Verträglichkeit der Therapie sowie auf den Verlauf der Erkrankung und die Prognose. Aufgrund der immer besser werdenden Krebstherapien, die ein längeres Überleben ermöglichen, kommt der Ernährungstherapie eine immer größere Bedeutung zu.
Die wissenschaftlich fundierte Ernährungstherapie ist für uns nicht nur das Stillen eines menschlichen Grundbedürfnisses, sondern integraler Bestandteil jeder medizinischen Therapie. In diesem Sinne stehe das Ernährungsteam Ihnen und Ihren Familien jederzeit gerne zur Verfügung.
Das Ernährungsteam im UCCSH besteht aus Ernährungsmedizinerinnen und Ernährungsmedizinern, Ökotrophologinnen und Ökotrophologen, Diätassistentinnen und Diätassistenten und Diabetesberaterinnen und Diabetesberatern.
Wir beraten Sie umfassend und versorgen Sie auf Wunsch mit einer oralen, enteralen oder parenteralen Kostform.
Ablauf einer Ernährungstherapie
Erstgespräch
Mit jeder Krebsdiagnose wird jede Patientin und jeder Patient auf den Ernährungszustand hin untersucht. Dabei unterscheiden wir zwischen einem ausreichenden Ernährungszustand und einer qualitativen oder quantitativen Mangelernährung. Der Ablauf in unserer ernährungsmedizinischen Sprechstunde / Konsildienst ähnelt einer jeden medizinischen Vorstellung. Einer ausführlichen Anamnese folgen oftmals eine Blutabnahme sowie eine apparative Untersuchung zur Erfassung des Ernährungszustands und Erhebung eines Ausgangsbefundes.
Anschließend wird entweder ein präventiver Ernährungsplan oder ein individuelles und auf das Krankheitsbild abgestimmtes ernährungsmedizinisches Konzept entwickelt; stets unter Berücksichtigung Ihrer persönlichen Vorlieben sowie familiären und räumlichen Gegebenheiten.
Folgegespräch
In einem Folgegespräch wird die Verträglichkeit sowie die Effektivität der Ernährungstherapie erfragt und ggf. mittels Blutabnahme und apparativer Diagnostik untersucht. Anschließend wird das nächste Therapieziel gemeinsam festgelegt.
Häufige Fragen
Ich habe ungewollt Körpergewicht verloren – muss ich etwas tun?
Ungewollter Gewichtsverlust muss ernst genommen werden. Jeder ungewollte Gewichtsverlust ist dringend abklärungsbedürftig. Ungewollter Gewichtsverlust ist sehr oft das erste Symptom einer onkologischen Erkrankung. Gewichtsverlust im Verlauf einer Tumortherapie ist auf jeden Fall zu vermeiden. Dies kann die Verträglichkeit der Therapie und die Prognose verschlechtern.
Ist eine Ernährungstherapie während der Chemo- und/oder Strahlentherapie oder nach Operation notwendig?
Vor, während und nach jeder Therapieform, ob Chemo-und/oder Strahlentherapie oder Operation, ist der Ernährungsstatus des Patienten zu erfassen und ein ernährungsmedizinisches Präventions- bzw. Therapiekonzept zu erarbeiten. Zu jedem Zeitpunkt der Erkrankung / Therapie ist die Ernährungstherapie sehr wichtig. Bei einem zu schlechten Ernährungszustand kann es hilfreich sein, Chemo-und/oder Strahlentherapie oder Operation zu verschieben, bis sich der Ernährungszustand verbessert hat. Das kann die Verträglichkeit sowie die Prognose deutlich verbessern.
Hilft eine Ernährungstherapie zur Verminderung der Nebenwirkungen und Begleiterscheinungen der Krebsbehandlung?
Nebenwirkungen der einzelnen Krebstherapie werden in der Erstellung des individuellen Ernährungstherapieplans berücksichtigt. Mit Hilfe der Ernährungstherapie sollen die Nebenwirkungen einer Tumortherapie gelindert werden. Nebenwirkungen und Begleiterscheinungen durch die Ernährungstherapie selbst werden gegenüber dem Nutzen abgewogen. Über die unterschiedlichen ernährungsmedizinischen Therapieformen klären wir Sie im Vorfeld ausführlich auf.
Wie soll ich mich nach einer Krebsbehandlung ernähren?
Ernährungstherapie ist eine lebenslange Therapie und die beste Medizin. Im Falle von weiterhin bestehender Mangelernährung sollte die Nachsorge durch eine Ernährungsmedizinerin bzw. einen Ernährungsmediziner erfolgen. Bei fehlenden Zeichen einer Mangelernährung kann der präventive Ernährungsplan durch Ihren Hausarzt oder Sie selbst überwacht werden.
Gibt es Einschränkungen in der Inanspruchnahme in unterschiedlichen Phasen der Krebsbehandlung?
Nein. In jeder Therapiephase ist die Evaluation des Ernährungszustandes, die Prävention und Therapie von Mangelernährung von größter Bedeutung.
Ich habe eine neue Krebsdiagnose - auf was soll ich bei meiner Ernährung achten? Gibt es allgemeine Empfehlungen?
Ja, es gibt allgemeine Empfehlungen für die Ernährung bei einer Krebsdiagnose. Dabei sollte von Beginn an auf eine ausreichende Zufuhr an Energie und Nährstoffen geachtet werden. Im Wesentlichen richtet sich die Ernährung bei Krebs nach den allgemeinen Ernährungsempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Insbesondere ein ungewollter Gewichtsverlust, welcher zudem häufig mit dem Verlust der Muskelmasse einhergeht, wirkt sich negativ auf den Krankheitsverlauf aus und sollte dementsprechend im Vordergrund der Ernährungstherapie stehen. Um dieser Form der Mangelernährung entgegen zu wirken sollte der tägliche Energiebedarf angepasst und die empfohlene Eiweißzufuhr erhöht werden. Die Eiweißzufuhr liegt im Schnitt bei ≈2g/Kilogramm Körpergewicht/Tag. Dies sollte zusammen mit regelmäßiger Bewegung erfolgen. Mehr Informationen zur Bewegungs- und Sporttherapie.
Wie kann ich das Rückfallrisiko durch Ernährung positiv beeinflussen?
Geheilten Patientinnen und Patienten in Remission wird ein gesunder Lebensstil empfohlen, da dieser nachweislich zur Prävention von Erkrankungen beitragen kann; z.B. die 10 „goldenen“ Regeln der DGE. Im Rahmen dieses bewegungsreichen Lebensstils wird eine energieangepasste, ausgewogene, ballaststoffreiche, fettmodifizierte, pflanzenbasierte Ernährung empfohlen.
Zum Beispiel sollten Frauen nach Primärbehandlung einer Brustkrebserkrankung zur Minderung des Rückfallrisikos eine Ernährung mit viel Obst und Gemüse bevorzugen. Einseitige Diäten, sogenannte „Krebsdiäten“ bzw. die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln und Mikronährstoffpräparaten zur Senkung des Rückfallrisikos werden nicht empfohlen.
Es gilt, sowohl Mangelernährung und Untergewicht, als auch Adipositas zu vermeiden.
Mein Gewicht ist ganz normal, kann ich trotzdem unter Mangelernährung leiden?
Bei jedem Körpergewicht und bei jedem Body-Maß-Index (BMI) kann eine Mangelernährung vorliegen. Man unterscheidet zwischen einer quantitativen und einer qualitativen Mangelernährung. Mangelernährung kann unabhängig vom Körpergewicht eintreten. Der Begriff Mangelernährung wird häufig fälschlicherweise einzig dem Körpergewicht zugeordnet. Eine Mangelernährung beschreibt ein Ungleichgewicht zwischen Nährstoffzufuhr und Nährstoffbedarf. Dieses Ungleichgewicht kann bei den energieliefernden Nährstoffen (Eiweiß, Fett und Kohlenhydrate) und bei den nicht-energieliefernden Nährstoffen (Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente) vorliegen. Insbesondere eine zu geringe Zufuhr an Nahrungseiweiß kann einen Verlust der Muskelmasse kaschieren, da dieser nicht zwangsläufig mit einem Untergewicht einhergeht. Aufgrund vielfältiger Begleiterscheinungen, ausgelöst durch eine Krebstherapie, ist unser Körpergewicht nicht zwangsweise aussagekräftig und wird häufig falsch interpretiert.
Eine umfassende Ernährungsdiagnostik mit ausführlichem Ernährungsprotokoll und mit einer Messung der Körperzusammensetzung kann Rückschlüsse auf die aktuelle Ernährungssituation geben und präventiv einer Mangelernährung entgegenwirken.
Was kann ich bei Mangelernährung tun?
Vermeidung oder Früherkennung einer Mangelernährung sind für Krebspatientinnen und -patienten sehr entscheidend. Wenn ein Krebspatient unzureichend versorgt ist oder viel an Gewicht verloren hat, lassen sich durch eine gezielte Ernährungstherapie der Ernährungszustand, die Lebensqualität und Therapietoleranz verbessern. Bei Diagnose einer Mangelernährung sollte zunächst eine ausführliche Diagnostik geschehen und der/die fehlende/n Nährstoff/e identifiziert werden. Durch eine professionelle Diätberatung können Sie Ihre aktuelle Ernährungssituation und Ihre Lebensqualität verbessern. Dabei sollte zunächst auf eine bestmögliche Versorgung durch Lebensmittel geachtet werden, bevor diese mit Ergänzungsmitteln angereichert bzw. zu voreilig auf hochkalorische Trinknahrungen zurückgegriffen wird. Denn, durch eine Anreicherung von Speisen/Lebensmitteln oder die Ergänzung mit hochkalorischer Trinknahrung, kann ein Energie- und Nährstoffdefizit ausgeglichen werden, jedoch sollten Sie diese Maßnahmen als Unterstützung zu ihren normalen Mahlzeiten und nicht als Ersatz sehen. Sofern sich nach/durch die Ernährungsumstellung kein Therapieerfolg abzeichnen lässt, kann in Rücksprache mit dem behandelnden Arzt auf eine Form der Sondenkost oder der intravenösen Ernährung zurückgegriffen werden.
Muss ich mich als Krebspatient auf jeden Fall auf Gewichtsverlust einstellen?
Gewichtsverlust ist ein häufiges Symptom bei einer Krebserkrankung und kann durch ernährungstherapeutische Maßnahmen verhindert werden. Nicht jeder Krebspatient ist von einem Gewichtsverlust betroffen. Patienten mit Erkrankungen, die den Verdauungstrakt betreffen, sind eher gefährdet. Ernährungstherapeutische Unterstützung sollte aber auch in Anspruch genommen werden, wenn aufgrund der Erkrankung und geplanter Krebsbehandlungen eine mögliche Mangelernährung in der Zukunft erwartet wird. In diesem Fall sollte eine Ernährungstherapie zur Vorbeugung stattfinden. Der Einfluss von einem guten Ernährungszustand auf die eigentliche Krebstherapie sollte nicht unterschätzt werden: Je besser man versorgt ist, desto besser verkraftet man die Behandlung. Oft verringern sich dadurch auch mögliche Nebenwirkungen.
Ich habe einfach keinen Appetit mehr – was soll ich tun?
Eiweißreiches Essen, wenn Appetit – unabhängig von der Tageszeit – ist oberstes Gebot! Und gehen sie mit einkaufen und wählen Sie, was Ihnen gerade Appetit bereitet. Versuchen Sie mehrere kleine Mahlzeiten (alle 2-3 Stunden) zu essen und das Trinken zu den Mahlzeiten zu vermeiden. Auch der Anblick eines überfüllten Tellers kann bereits ein erstes Sättigungsgefühl auslösen. Richten Sie Ihr Essen appetitlich an und essen Sie in Gesellschaft. Bewegung regt zudem den Appetit an. Außerdem können Sie Ihren Appetit durch Bitterstoffe anregen, wie Grapefruitsaft oder Ingwertee. Die Anreicherung von Speisen und Trinknahrungen als Zwischenmahlzeit können Ihnen dabei helfen trotz Appetitlosigkeit, ausreichend Nährstoffe zu sich zu nehmen. Vermeiden Sie starke Essensgerüche und lassen Sie gewürzarm kochen, sodass sie ggf. selbst nach eigenem Belieben nachwürzen können. Als Appetitanreger gelten kleinere Obst- und Gemüsesäfte, Buttermilch- und Joghurtdrinks mit Sanddornsaft, kleine Mengen Fleisch- oder Hühnerbrühe und Kräutertee. Künstliche Ernährung für eine Übergangszeit kann diskutiert werden.
Welchen Einfluss kann die Krebserkrankung auf die Ernährung haben?
Grundsätzlich ist eine Krebserkrankung eine konsumierende Erkrankung. Dies bedeutet, eine Erkrankung, die sehr viel Energie erfordert. Daher ist die Gefahr, dass eine Mangelernährung eintritt oder bereits eingetreten ist sehr hoch. Auf der anderen Seite ist ein guter Ernährungszustand Voraussetzung für einen guten Therapierfolg. Der Einfluss der Krebserkrankung auf die Ernährung hängt vom Ort der Entstehung und dem Grad der Ausbreitung ab. Eine Krebserkrankung allein kann schon zu Beschwerden wie Appetitlosigkeit, Verdauungsproblemen, Übelkeit und Erbrechen, Geschmacksveränderungen, Kau- und Schluckbeschwerden führen, welche die Nahrungsaufnahme erschweren. Viele Therapieformen können diese noch verstärken. Dabei ist eine Anpassung der Ernährungs- und Essgewohnheiten rechtzeitig und umfänglich notwendig, um weiterhin eine gute Versorgung zu erzielen.
Soll ich vor der Chemotherapie fasten?
„Würden Sie sich auf einen Marathon mit einer Fastenkur vorbereiten?“ Vor einer Chemotherapie ist ein guter Ernährungszustand ohne eine Mangelernährung sehr wichtig. Die Menge an Makro- und Mikronährstoffen muss individuell auf den Patienten abgestimmt werden. Unter- oder Überversorgung mit Makro- und Mikronährstoffen sollte vermieden werden kann sogar dazu führen, dass die Chemotherapie nicht den gewünschten Erfolg erzielt. Ernährungsformen, die den Tumor aushungern lassen sollen, begünstigen das Auftraten einer Mangelernährung.
Gibt es grundsätzlich etwas, was man bei einer Krebserkrankung bzgl. der Ernährung vermeiden sollte?
Mangelernährung und Gewichtsverlust sollten dringend vermieden werden; auch durch eine unzureichende Energie- und Eiweißzufuhr und eine einseitige, unausgewogene Ernährung. Mit diesem komplexen Thema sollten Patienten nicht allein gelassen werden – weder daheim noch im Krankenhaus. Ernährungsmedizinerinnen und – mediziner und Ernährungstherapeutinnen und –therapeuten erarbeiten mit Ihnen zusammen ein individuelles Konzept. Die Unterstützung durch die Familie und Bekannte ist bei dieser Therapieform sehr wichtig. Eine mögliche Hilfe wäre, dass Sie als Patientin oder Patient Ihre Angehörigen bitten, Ihnen zum Beispiel während den Mahlzeiten im Krankhaus Gesellschaft zu leisten.